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Selbsterkenntnis-
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mit GLR

Hakim Sanai: Der ummauerte Garten der Wahrheit (1)

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Die Seele, die sehend ist,
erkennt die Narrheit, etwas anderes
als den Schöpfer zu preisen.


Das Ich ist ein Diener in seinem Gefolge,
Vernunft ein Neuankömmling in seiner Schule.
Was ist Vernunft anderes in seiner Herberge
als ein verworfenes Nachkritzeln
der Handschrift des Allmächtigen?


Hätte er sich nicht gezeigt,
wie könnten wir von ihm wissen?
Wenn er uns nicht den Weg zeigt,
wie könnten wir ihn kennen?


Wir versuchten, uns den Weg zu ihm
zu vernünfteln: Es klappte nicht;
aber in dem Moment, wo wir resignierten,
blieb kein Hindernis mehr übrig.


In Form von Güte stellte er sich uns vor:
Wie anders hätten wir von ihm erfahren können?
Vernunft brachte uns bis zu seiner Tür;
aber es war seine Anwesenheit, die uns einließ.


Aber wie willst du ihn jemals erkennen,
solange du unfähig bist,
dich selbst zu erkennen?


Es gibt nur eine Einheit,
keine mehr und keine weniger:
Der Irrtum beginnt mit der Zweiheit;
Einheit kennt kein Fehl und keinen Irrtum.


Ort selbst hat keine Adresse:
Wie kann es eine Adresse geben
für den Schöpfer des Raumes,
Himmelsraum für den Schöpfer aller Himmelsräume?


Er sagte:
"Ich war ein verborgener Schatz;
die Schöpfung wurde erschaffen,
damit du mich erkennst."


Wenn das, was du suchst,
an keinem bestimmten Ort existiert,
warum, das sage mir, versuchst du
dort zu Fuß hinzureisen?
Die Straße, auf der dein Ich zu pilgern hat,
besteht darin, den Spiegel deines Herzens zu säubern.


Nicht durch Auflehnung und Zwietracht
wird der Spiegel des Herzens vom Staub
der Heuchelei und des Unglaubens gereinigt:
Dein Spiegel wird gereinigt durch deine Gewißheit —
durch die makellose Reinheit deines Vertrauens.


Wenn du willst, daß der Spiegel das Gesicht wiederspiegelt,
greife ihn fest und halte ihn frisch gereinigt;
auch wenn die Sonne seine Klarheit nicht neidet,
so sieht er im Nebel betrachtet nur wie Glas aus,
und erscheinen Geschöpfe, die selbst hübscher als Engel sind,
wie Teufelsfratzen, wenn in einem Dolch gespiegelt.


Dein Dolch wird dir nicht wahr von falsch unterscheiden:
er wird dir niemals als Spiegel dienen.
Suche Dein Spiegelbild besser in deinem Herzen
anstatt in sterblichem Lehm;
zerbrich die Ketten, in die du dich eingeschmiedet hast,
denn du wirst frei sein, wenn du frei vom Lehm bist.
Der Körper ist dunkel — das Herz leuchtet hell;
der Körper ist bloß Kompost —
das Herz jedoch ein blühender Garten.


Vernähe nicht den Beutel
und reiße nicht am Schleier;
lecke nicht am Teller dieses Mannes,
und falle nicht auf seine Schmeichelei herein.


Er kennt sein eigenes Selbst nicht:
wie soll er das Selbst eines anderen kennen?
Er kennt nur seine Hände und Füße,
wie soll er etwas über den Allmächtigen wissen?
Dies übersteigt das Begriffsvermögen des Weisen:
Du must ein Narr sein
falls du denkst, daß du es weißt.
Wenn du dir das klarmachen kannst,
dann kennst Du die wahre Essenz der Treue;
bis dahin: was haben Treue und du miteinander gemein?
Es ist besser, ganz still zu sein,
statt Unsinn zu schwätzen
wie einer der gelehrten Klugscheißer;
Treue kann nicht in jeden Stoff
hineingewoben werden.


Du bist geschaffen worden zum Arbeiten:
ein Ehrenmantel erwartet dich.
Woher kommt es, daß du mit bloßen Lumpen zufrieden bist?
Wie willst du jemals reich sein,
wenn du sechzig Tage im Monat müßiggehst?


Indem du weißt, was du weißt,
sei gelassen wie ein Berg;
und laß' dich nicht von Unglück aus der Bahn werfen.
Wissen ohne Gelassenheit
ist eine Kerze, die nicht entzündet ist;
zusammen sind sie eine Honigwabe.
Honig ohne Wachs ist eine schöne Sache;
Wachs ohne Honig taugt bloß zum Brennen.


Verlasse diesen Aufenthalt
von Geburt und Verfall;
verlasse diese Schmutzgrube
und mache dich auf zu dem Heim, das dir bestimmt ist.
Dieser Staubhaufen ist eine Luftspiegelung,
wo Feuer wie Wasser aussieht.


Der reine Mensch vereinigt zwei in einem;
der Liebende vereinigt drei in einem.


Aber ich befürchte,
daß deine Ignoranz und Dummheit
dich auf der Brücke straucheln lassen.


Er liefert beides: Treue und weltliche Güter;
er ist niemand anderes als der Erschaffer unseres Lebens.
Er ist kein Tyrann: Für alles, was er nimmt,
gibt er siebzigfach zurück; und wenn er eine Tür schließt,
öffnet er dir zehn andere.


Du vermagst nicht zwischen gut
und schlecht zu unterscheiden.
Er hält dich mehr in Ehren,
als du es dir selbst gegenüber tust.


Dieser Freund da ist eine Schlange:
warum klopfst du an seiner Türe?
Diese Schlange ist dein Freund:
weshalb flüchtest du vor ihr?


Erhebe dich, sagte Mansur,
vergiß deine Kindergeschichten,
verlasse deine Grundabhängigkeiten
und komme zu mir.


Du mußt erkennen,
daß es seine Führung ist,
die dich auf dem WEG hält,
und nicht etwa deine eigene Stärke.


Durch ihn (Jesus) wurde der lepröse Körper ganz
und das blinde Auge sehend.
Jeder, der, wie er, weder Name noch Ruhm sucht,
vermag zehn Mahlzeiten aus einem Topf zu erschaffen,
vermag einen Stein so duften zu lassen wie Moschus,
vermag die Toten zum Leben zu erwecken,
vermag in die tote Erde des Herzens Leben einzuhauchen.


Wie soll dieser träge Körper ihn preisen?
Wie soll er Leben und Seele bekannt werden?
Ein Rubin ist da nur wie ein Stück Stein:
und spirituelle Meisterschaft der Gipfel der Torheit.
Schweigen ist Lob — beende das Gerede;
dein Geschwätz wird nur Schmach und Sorge verursachen;
— hör' auf damit!


Glauben und Unglauben
haben beide ihren Ursprung
in deinem heuchlerischen Herzen;
der WEG ist nur deshalb lang,
weil du zögerst, ihn zu gehen:
ein einziger Schritt
würde dich zu ihm hinbringen:
werde Sklave,
und du wirst ein König sein.


Die Stummen werden sprechend werden,
wenn der Lebensduft sie erreichen wird,
der von seiner Seele ausströmt.


Hör' gut zu — und laß' dich nicht zum Narren halten —,
dies ist nicht für Narren:
alle diese verschiedenen Abstufungen
werden im Gefäß der Einheit
zu einer einzigen Farbe werden;
der Strick wird geschmeidig,
wenn er zu einer einzigen Faser wird.


Dein Intellekt ist bloß ein Flickwerk
von Vermutungen und Gedanken,
die mißgestaltet über die Erde humpeln.
Wo immer sie sind, da ist er nicht;
sie sind enthalten in seiner Schöpfung.
Der Mensch und sein Verstand sind bloß
die zuletzt reifenden Früchte in seinem Garten.
Was immer du als seine Natur festlegst,
bestätigt nur, wie fern Du vom Kern abirrst
wie ein Blinder, der das Aussehen seiner eigenen Mutter
zu beschreiben versucht.
Während die Vernunft noch dem Geheimnis
nachzuspüren versucht,
beschließt du deine Suche
auf dem offenen Feld der Liebe.


Der WEG besteht weder in Worten noch in Taten:
von diesen kann nur Verödung kommen
und niemals ein dauerhaftes Gebäude.
Lieblichkeit und Leben sind die Worte
des Menschen, der diesen WEG in Schweigen betritt;
und wenn er spricht, dann nicht aus Unwissenheit,
und wenn er schweigt, dann nicht aus Trägheit.


Diese gelehrten Narren, diese Räuber und Taschendiebe:
sie benutzen, was sie gelernt haben, für Straßenüberfälle!
Hör' mir zu, du Herr der Sprache:
fülle besser dein Herz mit Licht
als mit hunderttausend Worten;
wenn du schweigst, bist du die Beredsamkeit in Person:
öffne deinen Mund, und schon bist du ein Hetzredner.


Niemand sieht das Herz und die Seele
des Suchers nach der Wahrheit;
aber seine Zunge spricht wahrheitsgetreu:
"Ich bin die Wahrheit."


Für den Weisen sind Böse und Gut
beide besser als gut.
Von Gott kommt niemals etwas Böses;
wann immer du denkst, von ihm käme Böses,
betrachte es besser als gut.
Ich fürchte, auf dem Weg des Vertrauens
bist du wie einer, der schielt und doppelt sieht,
oder wie ein Narr, der mit dem Schatten eines Kamels streitet.
Böses kann niemals von ihm kommen:
wie sollte Böses je mit ihm koexistieren?
Nur die Dummen und Unwissenden schaffen Böses —
niemals der wohlgesonnene Freund.
Wenn er dir Gift gibt, schätze es als Honig ein;
und wenn er dir Wut entgegenbringt, schätze es als Güte.


Hast du niemals gesehen, wie ein Kindermädchen
ein Kind in dessen ersten Lebenstagen behandelt:
es einmal im Schmutz liegen läßt
und ein andermal liebevoll an die Brust nimmt;
es einmal schilt und ein andermal hätschelt;
es einmal wegschiebt und sich ein andermal darum kümmert?
Einen Fremden, der das mit anschaut, mag das erzürnen:
"Sie sorgt nicht für das Kind", seufzt er.
Wie kann er wissen, daß ihr Verhalten richtig ist,
und daß sie tun muß, was sie zu tun hat?


Sei mit deinem Los zufrieden;
aber hast du Beschwerden,
gehe und trage sie vor den Kadi,
und erhalte von ihm Genugtuung.
— Das ist es, wie der Verstand des Narren arbeitet!


Was immer dir begegnet,
sei es Unglück oder Glück:
es ist unvermischter Segen;
das begleitende Unheil
ein flüchtiger Schatten.
Wie sollte der Urheber von "Sei, und es war"
jemals auf seine eigene Schöpfung
Böses herabbringen?
"Gutes" und "Schlechtes" haben keine Bedeutung
in der Welt des Urspruches:
Sie sind bloße Namen,
in der Welt des "Mein" und "Dein" geprägt;
in Gottes Schöpfung gibt gar nichts,
was absolut schlecht sein könnte.


Dein Leben ist bloß ein kleiner Bissen in seinem Mund;
sein Fest ist sowohl eine Hochzeit wie ein Erwachen.
Warum sollte Dunkelkeit das Herz verdüstern?
— wo doch die Nacht schwanger mit dem neuen Tage geht.


Du sagst du hättest den Teppich der Zeit entrollt,
und die Vier, die Neun überschritten:
So überschreite auch noch das Leben und die Vernunft,
auf daß du beim Befehl des Allmächtigen anlangst.


Du kannst nichts sehen,
denn du bist blind vom Dunkel der Nacht,
und am Tage bist du einäugig
mit deiner närrischen Weisheit!


Dir ziemt Demut, nicht Gewalttätigkeit:
ein nackter, verrückt spielender Mann
ist in einem Ameisenhaufen fehl am Platze.


Mein Freund, alles, was existiert,
existiert durch ihn;
deine eigene Existenz ist eine reine Vortäuschung.
Schluß mit dem Unsinn! Verliere dich selbst,
und die Hölle deines Herzens wird zum Himmel.
Verliere dich selbst, und alles kann vollbracht werden.
Deine Selbstbezogenheit ist ein untrainierter Grünschnabel.


Du bist, was du bist:
daher deine Lieben und deine Haßaffären;
du bist, was du bist:
daher Zuversicht und Unglaube.


Hoffnung und Befürchtung treiben das Schicksal
von deiner Türe fort;
verliere dich selbst,
und es wird sie nicht mehr geben.


An seiner Tür, was gilt da der Unterschied
zwischen Moslem und Christ,
zwischen tugendhaft und schuldig?
An seiner Tür, da sind alle Sucher
und er der Gesuchte.


Gott ist ohne Ursache:
warum suchst Du noch nach Ursachen?
Die Sonne der Wahrheit steigt unaufgefordert auf
und mit ihr geht der Mond des Lernens unter.


In dieser Rast von einer Woche,
zu sein ist nicht zu sein,
und zu kommen ist zu gehen.


Und existiert die Sonne nur dazu,
daß der Hahn danach kräht?
Was zählt ihm, ob es dich gibt oder nicht?
Viele sind, genau wie du,
zu seiner Tür gekommen.


Du wirst in dieser Straße
deinen Weg nicht finden;
falls es überhaupt einen Weg gibt,
dann auf dem Pfad deiner Seufzer.
Ihr alle seid weit entfernt
vom Pfad der Ergebung:
Wie Esel seid ihr,
die für Monate und Jahre herumstreunen,
von eitlen Hoffnungen getäuscht;
manchmal seid ihr tugendhaft,
manchmal seid ihr verdorben:
so schöpft ihr Hoffnung, so befürchtet ihr;
aber wenn eure Maske von Weisheit und Narrheit
schließlich erbleicht, werdet ihr sehen,
daß Hoffnung und Furcht eins sind.


Als er [Omar, der Gefährte des Propheten] zu ihnen schaute,
zerriß die Furcht vor ihm den Vorhang ihres Vergnügens,
und sie flohen alle vor ihm mit Hast.
Alle, außer einem.
— Warum ranntest du nicht auch fort?
— Weshalb sollte ich vor dir fliehen,
du Brunnen der Großzügigkeit?
Weder bist du ein Tyrann,
noch ich ein schuldhafter Sklave!


Wenn du deinen eigenen Wert wüßtest,
was kümmerte dich noch
die Zustimmung oder Ablehnung anderer?


Bete ihn an, als könntest du
ihn mit deinen körperlichen Augen sehen;
auch wenn du ihn nicht siehst,
so sieht er doch dich.


Lausche dem sehnsüchtigen Schrei der Ringeltaube:
zwei Körner Gerste kehren ihn in Freude um.


Solange du noch
im Land der unfruchtbaren Ziele weilst,
bleibst du unausgewogen, entweder nur
vorne oder nur hinten herum;
aber sobald die suchende Seele vorangeschritten ist,
und nur ein paar Schritte jenseits dieses Zustands,
übernimmt die Liebe die Herrschaft.


Solange diese Welt vorherrscht,
kann jene nicht eintreten;
während du noch existierst,
kann Gott nicht dein sein.


Das Nahen des Todes ist der Schlüssel,
der das unbekannte Reich erschließt;
aber für den Tod
bleibt die Tür des wahren Vertrauens ungeöffnet.


Gier und Übermaß
haben den Menschen zum Schlafen gebracht;
wenn der Tod kommt,
wird er aufwachen.


Die ganze Menschheit schläft,
sie lebt in einer verwirrten Welt;
das Verlangen, daraus auszubrechen,
ist reiner Brauch und Gewohnheit,
nicht Religion — das sind müßige Märchengeschichten.


Hör' auf, in der Gegenwart
der Menschen des WEGES zu prahlen:
verzehre besser dein Ich
wie brennendes Stroh.


Wenn du selbst
in Bezug zur Wirklichkeit Kopf stehst,
dann sind auch deine Weisheit und Treue
verkehrt herum.


Hör' auf, ein Netz um dich zu stricken:
brich' hervor wie ein Löwe aus dem Käfig.


Schmelze dich herunter bei dieser Suche:
setze dein Leben und deine Seele aufs Spiel
auf dem Pfad zur Echtheit;
strebe danach, von der Nichtigkeit zum Sein zu gelangen
und mache dich betrunken mit dem Wein Gottes.


Von ihm kommt die Vergebung so schnell,
daß sie uns erreicht, noch bevor
Reue auf unseren Lippen je Form angenommen hätte.


Er ist unser Schafhirte,
während du den Wolf vorziehst;
er lädt dich zu sich ein,
und doch bleibst du ungesättigt;
er gibt dir seinen Schutz,
und doch verschläfst du alles;
ja, ausgezeichnet,
du empfindungsloser, emporgekommener Trottel!


Er heilt unsere Natur von innen,
freundlicher zu uns als wir uns selbst gegenüber.
Eine Mutter liebt ihr Kind nicht mit halb so viel Liebe,
mit der er uns beschenkt.
Seine Güte macht die Wertlosen wertvoll;
und zum Ausgleich ist er zufrieden
mit der Dankbarkeit und Geduld seiner Diener.


Dein Vertrauen ist brüchig,
und doch vertraut er dir voll:
er ist treuer zu dir
als du dir selbst gegenüber.


Er erschuf deine geistigen Kräfte;
dennoch ist sein Wissen unbefleckt
von der Berührung durch Gedanken.
Er weiß, was in deinem Herzen ist;
denn er machte dein Herz zusammen mit deinem Lehm;
aber wenn du denkst, daß er
auf dieselbe Weise weiß, wie du weißt,
dann steckt du wie ein Esel,
in deinem eigenen Dreck fest.


Er kennt schon vorher die innersten Gedanken;
er nimmt wahr, was seine Geschöpfe benötigen,
bevor das Verlangen danach überhaupt entstanden ist.


In seiner Gegenwart
ist Schweigen das Geschenk der Zungen.
Du erhältst die Nahrung deines Lebens
von einem Tisch ohne jegliches Brot.
Der Mensch hat es nicht in sich,
Dinge von einer Art zu ersehnen,
wie sie für ihn vorgesehen ist.


Er spürt die Fußstapfen einer Ameise,
die sich im Dunkeln über einen Felsen bewegt.
Er weiß immer, was sich im Sinn der Menschen tut:
Du tätest gut daran, daran zu denken.


Wenn du etwas Falsches tust,
gibt es zwei Wege, es zu sehen:
entweder du denkst, er wüßte es nicht,
— und ich wundere mich über deinen Mangel an Vertrauen —
oder du denkst, er weiß, und beharrst trotzdem,
— und ich wundere mich über deine schändliche Unverschämtheit.
Es mag zutreffen, daß kein Mensch deine Geheimnisse kennt;
aber der Allmächtige kennt sie:
Er ist dem Menchen nicht unterlegen;
und wenn er dir seine Güte vorenthält,
bedeutet das nicht, daß er dein Herz kennt?
Also wende dich von deinem falschen Verhalten ab,
damit du nicht an deinem letzten Tag
in einem Meer von eigener Scham ertrinkst.


Ob du dieses Wort
für bare Münze nimmst oder nicht:
dein Brot und dein Leben
stammen beide aus seiner Schatzkammer.
Und wäre dein Brot in China,
so wäre doch das Pferd gesattelt,
das dich zu ihm hinbringen würde,
— oder es zu dir bringen würde,
während du im Schlaf liegst.
Ich sage dir, daß dein tägliches Brot
dir so gewiß ist wie der Tag selbst:
das Brot selbst ist es, was der Tag mit sich bringt.
Du hältst dein eigenes Leben in deinen Händen
als Unterpfand für deine Nahrung;
Sorge um dein Leben ist Sorge um dein Brot;
Laib folgt auf Laib bis zum Rande des Grabes.
Halte an diesem Faustpfand fest und iß dein Brot;
und wenn das Faustpfand aus deinen Händen geglitten ist,
dann wirst du die Nahrung des Lebens essen.


Gott gab niemandem Leben,
ohne ihm auch die Nahrung zu geben, um es zu erhalten;
und wenn dein Leben deinen Körper verlassen hat,
dann wirst du zuletzt ganz sicher wissen,
daß dich wahre Nahrung erreicht hat.


Die Gemeinen leben in Furcht
um ihr tägliches Brot:
dagegen essen die Großzügigen niemals
die wiederaufgewärmten Überbleibsel von gestern.


Ein Funke von ihm
bringt tausend Sterne hervor;
ein Tropfen von ihm reicht,
um Myriaden von Bäumen aufsprießen zu lassen.
Ein Mensch, der um sein tägliches Brot fürchtet,
ist gar kein Mensch: er ist wahrlich
weniger als ein Sklave.


Deine Arbeit ist niemand so offenkundig
wie dem Allmächtigen;
sicher haben Menschen keinerlei echte Macht;
also kümmere dich nicht lange
um ihre zudringlichen Possen.
Halte dein Herz fest auf ihn gerichtet
und entrinne der Sorge und der Abhängigkeit;
wenn du es kannst, löse dich von der Menschheit
und nimm niemand anderen als ihn zum Freund.

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