====== Gewahrwerden statt Verbessern-Wollen ====== //Wichtig für Einsteiger zum Verstehen von Selbsterkenntnis anstelle von psychologischem Gebastel// Um Selbsterkenntnis verstehen und ausüben zu können, muß zuerst die Bedeutung des folgenden verstanden und verinnerlicht werden: **Hinschauen und Gewahrwerden**. ===== Die Bedeutung des Gewahrwerdens ===== **Hinschauen** ist das bloße Beobachten der eigenen Denkweisen, Gefühle und Handlungen. **Gewahrwerden** ist das Betrachten (etwas ist so oder so) der eigenen Denkweisen, Gefühlen und Handlungen, im Sinne von //Registrieren//. Das Gewahrwerden (man kann ja auch etwas beobachten und es nicht wahrhaben wollen) wird mit dem neutralen Beschreiben bekräftigt, wie es z.B. mittels eines //Selbsterkenntnis-Tagebuchs// sehr sinnvoll praktiziert werden kann. Hierbei liegt die Gewichtung vor allem auf **neutral**! Das bedeutet, das Beobachtete * nicht zu bewerten (weder in positiv oder negativ), * es nicht einzuordnen oder zu kategorisieren, * es auch nicht sonstwie geistig zu reflektieren, Bezugspunkte zu suchen, es mit irgend etwas zu vergleichen, es zu analysieren oder //Geschichten// daraus zu machen. Alles das sind Flucht-, Ausweg-, Vermeidungs- und Vertuschungsreaktionen. Diese stellen im Alltagsleben die Norm dar, und da man sie lebenslang gewohnt ist, ist die Gefahr groß, wieder auf sie zurückzufallen. Beim Hinschauen und Gewahrwerden soll man sich Zeit und Ruhe nehmen. Beobachten und ernsthaftes Hinschauen kann nur durch innere Stille und Innehalten geschehen. Nun wird auch klar, warum das [[intern:Entrümpelung und Vereinfachung|Entrümpeln]] immer und vor allem anfangs so eine wichtige Rolle spielt. Ablenkungen durch Unerledigtes wird der [[Verstand]] liebend gerne annehmen, um sich zu flüchten und nicht mit den Selbstbeobachtungen zu beginnen. Weiterhin ist auch zu beobachten, welche Manöver und Ablenkungen der Verstand sich noch schafft, um auszuweichen (häufige Beispiele: Telefonieren, Freunde treffen, Medienkonsum, Süchte, Tagträumerei, sich selbst hetzen, ständiges Internetsurfen usw.; diese Liste muß jeder bei sich selbst aufdecken). ===== Der Änderungswunsch als Puffer ===== Die erste automatische Reaktion des [[:Ego]]s auf etwas, das beobachtet wird, ist der Änderungswunsch. Dieser Änderungswunsch führt aber nicht zur Änderung (denn eine Änderung würde das Vorhandensein einer Instanz voraussetzen, die das eigene Verhalten ständig gezielt steuern könnte), sondern er ist ein typischer [[:Puffer]]. Außerdem ist er selbst wiederum eine Folge der Reaktion des Verstandes auf das Beobachtete, und der Verstand funktioniert über Bewerten und Schlußfolgern. Diesen mechanischen Ablauf gilt es zu erkennen und zu durchbrechen (Erkennen ist hier gleich Durchbrechen). Damit wird auch die Mechanikalität der [[Persönlichkeit]] unterminiert. Echtere Gefühle und Empfindungen steigen auf. ===== Umstellung ===== Hinschauen und Gewahrwerden fällt jedem schwer, der mit der echten Praxis der Selbsterkenntnis beginnt. Denn es hat nichts mit dem gewöhnlichen Leben zu tun. Schon bei diesem ersten Schritt kommen wir mit unserem [[Falsches_Selbstbild|falschen Selbstbild]] in Berührung, und das [[Ego]] schaltet sich ein. Das Ego reagiert auf jede Anregung zum Hinschauen und Gewahrwerden mit einer ganzen Palette von Tricks wie Rationalisierung, [[Projektion]], Vermeidung und Verleugnung. Gerade an diesen Reaktionen erkennt man es -- aber einem Anfänger in diesem Bereich fällt das naturgemäß erst einmal schwer, weil er ja lebenslang auf diese Tricks hereingefallen ist und sie für bare Münze genommen hat. ===== Umgang mit eigenen Beschränkungen ===== Bei der Beschäftigung mit Selbsterkenntnis kommt man unweigerlich zu dem Punkt, an dem die eigenen Beschränkungen und Unzulänglichkeiten sichtbar werden, und das kann mitunter auch sehr unangenehm oder peinlich sein. Die Frage ist dann, wie man damit umgeht. Es ist wichtig zu verstehen, daß es nicht darum geht, sich zu überwinden, zu [[Verbesserung|verbessern]] oder zwanghaft zu ändern (-> [[mit_sich_kaempfen|Mit sich kämpfen]], -> [[intern:Mit-sich-selbst-Kämpfen|Schädlichkeit des Mit-sich-selbst-Kämpfens]]). Das sind eigentlich nur Fluchtversuche, statt sich dem eigenen Sein ungeschminkt gegenübergestellt zu sehen. Klarheit und Selbstwertschätzung sind nötig, um diese Schwächen als einen Teil der eigenen Erscheinung annehmen zu können, statt an der eigenen Persönlichkeit zu leiden. Wenn die eigenen wunden Punkte sichtbar werden, kann das auf zweifache Weise nützlich sein: - Tieferes Verständnis: Es kann dann untersucht werden, durch welche Mechanismen diese Aspekte bisher verdrängt oder kompensiert wurden. - Stärkung des Ausdrucks des [[Wesenskern|Wesenskerns]]: Erst durch das Annehmen, wie man ist, kann [[Authentizität]] entstehen. Nachdem die eigenen Schwächen unbefangen gesehen werden, können aus diesem Wissen äußerliche Handlungen auf viel natürlichere Weise fließen. Es wird dann keine Energie mehr an [[Puffer]] oder Anpassungen an Erwartungen anderer verschwendet. \\ --- //[[:Sina Holmer]] 14.11.2008 15:50//\\ --- //[[:Gerd-Lothar Reschke]] 16.11.2008 19:37// (aus Spielwiese eingestellt und ein paar Kleinigkeiten korrigiert)\\ --- //[[:Marco]] 15.1.2008 21:33//\\ --- //[[:Gerd-Lothar Reschke]] 17.4.2009 08:16// (Titel geändert, bearbeitet, Abschnitt "Der Änderungswunsch als Puffer" zugefügt, Marcos Text "Umgang mit eigenen Beschränkungen" integriert)\\ --- //[[*:Gerd-Lothar Reschke]] 01.10.2011 22:31// (in öffentlichen Namespace transferiert) \\ --- //[[*:Gerd-Lothar Reschke]] 05.10.2011 10:15// (geändert)\\ --- //[[*:Gerd-Lothar Reschke]] 12.12.2018 16:48// (umkopiert) {{tag>Einstieg gewahrsamkeit}}