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Intellektualität

Glanz und Elend der Intellektuellen

Intellektuelle genießen in der heutigen Kultur ein recht hohes Ansehen, gelten sie doch als kreativ, kritisch (also angeblich: unabhängig) und glänzen zumeist durch hochentwickelte rhetorische, manchmal auch künstlerische oder literarische Fähigkeiten. Dennoch haben sie eine ganz entscheidende Schwachstelle: Ihr Weltbild ist grundlegend auf ihren Intellekt, also ihr Verstandesdenken ausgerichtet. Diesbezüglich kommt es zu völliger Verständnisdiskrepanz mit echten Wahrheitssuchern, denn diese haben die trügerischen Seiten einer Lebensweise, die einseitig auf Verstandesgrundlage abläuft, längst erkannt, nicht zuletzt durch Bewußtwerdung der rationalen Abläufe im eigenen Gehirn, etwa bei praktischer Meditation.

Intellektuelles Diskutieren

Intellektuelle suchen aus verschiedenen persönlichen Motiven die rhetorische Auseinandersetzung bzw. Diskussion: aus Minderwertigkeitskomplexen, Neid, verdrängter Frustration oder weil sie in Disputen scheinbar „siegen“ konnten und daraus eine bestimmte vermeintliche Selbstbestätigung ziehen konnten. (Das Meinungsmatadorentum spielt in der heutigen Kultur eine besondere Rolle, siehe Podiumsdiskussionen vor größerem Publikum, Polit-Diskussionen in Massenmedien, Talk-Shows, akademische Veranstaltungen sowie in neuerer Zeit auch in Internet-Plattformen.)

Tatsächlich lassen sich Positionen von Intellektuellen und Wahrheitssuchern in Diskussionen nicht abklären, geschweige denn miteinander vermitteln. Intellektuelle vertreten meistens komplexe, historisch gewachsene geisteswissenschaftliche Traditionen und Richtungen: sie sehen sich als Repräsentanten von Wissen, Kultiviertheit und angeblicher „Aufklärung“. Ständig wird das „Geistesleben der Kultur“ kommentiert und beobachtet und auf Beobachtungen anderer wiederum echohaft reagiert, bis sich Echo-Ketten bilden, die bis ins Unendliche führen. Dies resultiert aus der Schwamm-Funktion des Verstandes, der eine nahezu unendliche Komplexität in der Herstellung von Wissensbezügen und Querverweisen aufweisen kann. Da sich der Intellektuelle nicht von diesem Verstand trennen will (und auch nicht kann, eben weil er ihn für seine wichtigste Errungenschaft hält), setzt er ihn als entscheidendes Instrument, wenn nötig auch als Waffe ein. Was er aber nicht tut (weil er die Konsequenzen sehr wohl erahnt): diesen Verstand, nämlich dessen analytische Schärfe und Klarsichtigkeit, auf sich selbst (den Verstand) anzusetzen und die Grundlagen der eigenen Intellektualität genauer zu hinterfragen und zu erforschen. Denn ein auf sich selbst angesetzter Verstand zerstört sich selbst bzw. zerstört den illusionsbildenen Mechanismus, der aus der aktuellen Gegenwart in die Ersatzwirklichkeit des Denkens und der mentalen Assoziationen (Wünsche, Projekte und Konzepte) führt.

Intellektuelle Selbstverleugnung

Das Hauptmerkmal, an dem man Intellektualität und Abhängigkeit vom eigenen Verstand (als Sucht) erkennt, ist die zwanghafte Ablenkung von der eigenen konkreten Situation, also vor allem auch von eigenem Unwissen, eigener Unverantwortlichkeit, von persönlichen Schwächen wie Angst, Gier, Neid, Sexualfrust oder Macht- und Kontrollwünschen. Es wird immer von irgendeiner allgemeinen „Lage“ gesprochen, von „der Gesellschaft“, „der Umwelt“, „der heutigen Zeit“ (mit ihren Problemen, die man „angehen und lösen“ müsse). Nachdem von der eigenen Situation abgelenkt wurde, wird vom Wahrheitssucher gefordert, daß dieser „bessere“ Alternativen aufzeigen müsse, und wird ihm vorgeworfen, daß er „nur um sich selbst kreise“, in einer verinnerlichten „Fantasiewelt“ lebe, „unrealistisch“ sei, Probleme nicht konkret angehe usw.

Selbsterkenntnis und Bewußtheit als Tabus

Worüber Intellektuelle nie reden, das ist Selbsterkenntnis und Bewußtheit. Jeder einfache „ungebildete“ Arbeiter oder Bauer kennt sich mehr in diesen Lebensbereichen aus als Intellektuelle, denn er lebt näher an der Wirklichkeit, mehr im Hier und Jetzt. Jene hingegen machen aus Selbsterkenntnis und Bewußtheit ein theoretisches Fachgebiet, einen Sonderbereich aus Psychologie, Philosophie, Soziologie oder neuerdings Gehirnforschung — mit ihnen selbst aber darf das nichts zu tun haben. Weist man sie darauf hin, dann können sie auf einmal sehr ungemütlich werden.

Grenzen und Überwindung des Intellekts

Das Kernproblem des Intellektuellen ist zugleich das Kernproblem des Verstandes selbst: der Verstand kann nur allgemeine, abstrakte Fragestellungen lösen, speziell rationale, denkerische Geistesfragen. Bei existentiellen Fragestellungen ist er nicht nur völlig überfordert, sondern bricht regelrecht in sich zusammen. Beispiele: Liebe, Todesangst, voll zugelassene Sexualität, starke Gefühle und Instinkte, Triebe und Vitalkräfte.

Zugleich bedeutet das Loslassen der Verstandesfixierung auch einen erneuten, verstärkten Energiefluß der Lebenskraft. Bei gesunden, positiv gestimmten Menschen führt das zu einer Befreiung, bei hochgradig frustrierten, langjährig unterdrückten Menschen hingegen oft zu Gewaltausbrüchen oder zu Fanatismus.

Verstandesausgeburten als Schutzbarriere gegen die Wirklichkeit

So bleibt der Intellektuelle lieber in seiner geistigen Sphäre und zieht aus seinen (vermeintlichen) Erkenntnissen keine Konsequenzen. Er hat nur „Meinungen“ und „Überzeugungen“, aber in Wahrheit will er gar nicht wirklich etwas ändern, sondern er verlagert das, was ihn an seiner Situation stört, lieber ins Denken und baut daraus Theorien, was „man“ tun „sollte“. (Aber wer ist „man“?) Der solcherart leerlaufende Verstand dient nun der Handlungsvermeidung und der Flucht aus der eigenen Verantwortung.

Intellektualität saugt und schmarotzt

Der Intellektuelle biegt sich die Wirklichkeit nach der Theorie zurecht, und zwar so, daß immer er selbst dabei am meisten profitiert. Daher kommt auch die politische (Links-)Tendenz von Intellektuellen, dem Staat die Geberrolle zuzuweisen und echte unternehmerische Eigenintiative (Kreativität, Fleiß und Marktgespür) stets als Geldgier und Selbstsucht umzuinterpretieren. Statt eigener Leistung und Arbeit wird gerne eine Gerechtigkeit von oben gefordert und man stellt sich im Sinne des Sozialismus gerne auf Seiten der „einfachen Arbeiter“ (mit denen man in Wahrheit aber nichts gemein hat). Utopische Gesellschafts- und Wirtschaftskonzepte sind die Folge — die dann am besten diktatorisch, per Dekret, einzuführen seien, da man das Leben ja nicht anders dazu kriegen kann. Typische intellektuelle Berufsbilder sind: Professor, „Forscher“, Literat, „Kritiker“, „Experte“, „Analytiker“. Würde der Intellektuelle eine Millionenerbschaft erhalten, so würde er seine Ideale von Gleichheit und Brüderlichkeit sofort übergangslos verabschieden.

Schweigen und Innehalten

Natürlich gibt es, was eigenverantwortliches Erkennen und Ergreifen der Lage betrifft, gar nichts zu diskutieren (kein Ausfechten gegenseitiger „Standpunkte“ oder „Philosophien“), sondern es zählt, was einer ganz konkret tut. Was sollte da auch per Analyse, Kritik oder Diskussion, womöglich noch vor öffentlicher Kulisse, geklärt werden? Ist doch hier jeder auf seine private Situation und auf ein ehrliches Einsehen verwiesen, das eben auch eine gehörige Portion Demut verlangt, aber auch Mut und Tatkraft (was aufs selbe hinausläuft). Und da ist echtes eigenes Verstehen, eigene persönliche Erfahrung ausschlaggebend — etwas, das nicht bloß durch Worte zu jedermann nachvollziehbarem Verständnis vermittelbar ist.

So ist in der Regel Schweigen die beste Reaktion: still sein, den Verstand nicht anheizen, sondern ins Leere laufen lassen, bis sich diejenige Wahrheit zeigt, die tiefer liegt und mehr von der Ganzheit des Seins berührt. Dann drückt sich dieses Sein so aus, wie es die jeweilige Situation erfordert: zupackend oder loslassend.


Gerd-Lothar Reschke 1.3.2009 (einkopiert)

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intellektualitaet.txt · Zuletzt geändert: 28.02.2024-11:55 von gerdlothar

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